
Die historischen Umzüge der Aschermittwochgesellschaft Elgg
Weshalb gibt es den grossen Äschliumzug 2025?
Es gehört seit der Gründung der Aschermittwochgesellschaft Elgg im Jahr 1914 zu ihren Aufgaben, nebst der Organisation und Durchführung des Äschli auch grosse Umzüge und Festspiele zu veranstalten, bei denen das ganze Dorf nicht nur als Zuschauende, sondern auch als Mitwirkende mit dabei sein kann. Zu Beginn noch in einem Turnus von vier Jahren, werden seit dem Jahr 1979 diese grossen Dorffeste in einem Abstand von ungefähr zehn Jahren abgehalten. Mit dem letzten grossen Festspiel im Jahr 2014 zum hundertjährigen Bestehen der Aschermittwochgesellschaft, bietet sich nun mit ihrem hundertelften Geburtstag eine weitere Gelegenheit für eines der grossartigen Feste im Dorf.
Die Geschichte der historischen Umzüge der Aschermittwochgesellschaft Elgg
Die Tradition der grossen Umzüge und Festspiele am Aschermittwoch in Elgg ist uralt. Wie aus den Seckelamtsrechnungen des Dorfes ersichtlich, wurden bereits seit 1537 an diesem Tag Theateraufführungen zum Besten gegeben. In neuerer Zeit bildeten sich aus diesen kleinen Einlagen grössere Veranstaltungen, die mehr und mehr einen künstlerisch oder historisch ernsthaften Charakter annahmen. Im Jahre 1900 wurde im Rahmen eines historischen Umzuges eine dramatische Einlage von Alfred Huggenberger geboten: «Die Verleihung des Freiheitsbriefes an Elgg 1371». Damals erhielt Elgg das Stadtrecht und das Recht für eigene Truppen mit Banner und damit eine grössere Unabhängigkeit von den Herzögen von Österreich. Dieses wichtige Datum für das Dorf, stellt auch einer der Ursprünge des Äschlibrauchs dar.
Ab 1914 machte es sich die Aschermittwochgesellschaft zur Aufgabe, historische Festzüge und Festspiele zu organisieren. So leitete sie 1922 mit grossem Erfolg den historischen Umzug «Die vier Jahreszeiten».
Bereits am 1. März 1925 wurde ein weiterer, grosser Umzug veranstaltet mit Motiven aus dem im Jahre 1900 aufgeführten Stück von Alfred Huggenberger. Der Erfolg und der Andrang der Zuschauer waren so gross, dass die Darbietung am folgenden Sonntag wiederholt werden konnte.
Für den grossen Umzug vom 24. Februar 1929 schrieb Hans Kägi (1889-1971, Historiker und Redaktor) die dramatischen Szenen unter dem Titel «Gerichtsherren-Aufzug zu Elgg vom März 1637, Gerichtsherr Peter Sulzer». Das Festspiel fand auf drei verschiedenen Plätzen des Fleckens Elgg statt.
Bereits wieder vier Jahre später wagte sich die Aschermittwochgesellschaft erneut an einen grossen Umzug mit Festspiel. «Der Freiheitsbaum zu Elgg 1798» handelt in der Zeit der helvetischen Revolution von 1798. Verfasser des Stückes war erneut Hans Kägi. Da der Arbeitsaufwand, die Spesen und die Kostümkosten bei den grossen Umzügen und Festspielen immer höher ausfielen, sah sich die Aschermittwochgesellschaft gezwungen, für Erwachsene einen Eintrittspreis von einem Franken zu erheben. An diesem Festspiel wirkten über 500 Personen mit und der Andrang der auswärtigen Gäste war so gewaltig, dass der Umzug und die Theaterszenen an den zwei folgenden Sonntagen wiederholt werden mussten.
Die Jahre während des zweiten Weltkrieges brachten einen Unterbruch der Elgger Tradition. Erst 1954 veranstaltete Elgg wieder einen grossen Umzug mit dem Festspiel «Elgger Chilbischiessen 1565», mit zwei dramatischen Einlagen von Hans Kägi.
Im Jahre 1960 verzichtete die Aschermittwochgesellschaft zugunsten der 1200-Jahrfeier von Elgg vom 28. August auf einen grossen Umzug. Das Festspiel des Jahres, allerdings nicht unter der Regie der Aschermittwochgesellschaft, zeigte wieder Szenenbilder von Hans Kägi, betitelt mit «Anno 760, Elggs Schenkung an das Kloster St. Gallen», und «Anno 1535, Elgg geniesst das Marktrecht».
Am 16. und 23. Februar 1964 wurde mit einem Jubiläumsumzug das 50-jährige Bestehen der Aschermittwochgesellschaft gross gefeiert. Mit dem «Elgger Aschermittwochspiel von 1570» geschrieben von Hans Kägi und einem grossen Umzug mit vielen Teilnehmern und reichlich verzierten Festwagen wurde der Anlass würdig begangen.
Erst nach 15 Jahren, fanden erneut ein grosser Umzug und die Wiederholung des Festspieles des inzwischen verstorbenen Hans Kägi «Elgger Chilbischiessen 1565» mit zwei Wiederholungen statt. Es zeigte sich jedoch, dass die Kosten für die grossen Festspiele immer mehr stiegen. Die Kostümkosten betrugen inzwischen ca. 50’000 Franken. Die Aschermittwochgesellschaft beschloss, nur noch alle zehn Jahre einen grossen historischen Umzug zu veranstalten.
Der nächste grosse Umzug mit Festspiel ereignete sich 1990. Wie bereits bei der 1200-Jahrfeier von Elgg wurden die Szenenbilder von 760 und 1535 von Hans Kägi gezeigt, mit Erfolg und zwei nachfolgenden Wiederholungen.
Gemäss dem neuen Turnus von zehn Jahren wurde im Millenniumjahr 2000 der nächste historische Umzug durchgeführt. Das dazugehörende Festspiel vom 5., 8. und 12. März 2000 «Die sechs unsterblichen Elgger» war ein Mundartstück in sechs Bildern, bei denen die Äschlikompanie und die Teilnehmer des historischen Umzuges am Theaterstück aktiv mitwirkten. Autor und Regisseur zugleich war Dr. Reinhart Spörri aus Zürich. Wie alle grossen Festspiele und Umzüge umfasste auch dieses wunderschön gestaltete Festwagen, fantastische Kostüme, viele Akteure und ein vortrefflich inszeniertes Theaterstück.
Im Jahr 2014 feierte die Aschermittwochgesellschaft Elgg ihr hundertjähriges Bestehen. Zu Ehren des Geburtstagskindes veranstaltete Elgg im Juni historische Sommerfestspiele. Bei den traditionellen Äschliwahlen am 1. Januar 2014 beim Obertor erschallte der Ruf des Herolds Res von Ballmoos, der in prächtige mittelalterliche Gewänder gekleidet die Herren und Weiber zu Elgg aufrief, sich auf den 13. juno anno domini 2014 zu freuen und sich für drei Tage voller Spiel und Spektakel zu rüsten. Vom 13. bis 15. Juni duellierten sich Ritter in der beim Schulhaus im See aufgebauten Arena, um die Gunst ihrer Herzensdamen zu gewinnen. Gesindel trieb sich auf den Strassen herum, Marktleute boten ihre Waren feil, Feuerspiele liessen den Mond zu einer müden Fackel verblassen, Spielleute gaben Konzerte zum Besten und Gaukler trieben so manchen Schalk mit dem Volke. Und allen voran marschierte die Äschli-Kompanie mit ihrem Hauptmann Valentin Loser um gemeinsam mit dem Elgger Volk sowie den Gästen aus Nah und Fern der Aschermittwochgesellschaft alles Gute zu ihrem hundertsten Geburtstag wünschen, auf dass sie noch viele weitere Jahrhunderte Bestand habe, um den schönsten aller Elgger Bräuche zu fördern und zu erhalten.
Im Jahr 2021 konnte infolge der weltweit grassierenden Covid-Pandemie zum ersten Mal in der Geschichte der Aschermittwochgesellschaft der Knabenumzug am Äschli nicht durchgeführt werden. Mit der Lockerung der gesellschaftlichen Hygienemassnahmen wurde stattdessen am 11. September des gleichen Jahres im Rahmen der Dorffeier 650 Jahre Stadtrecht ein weiterer grosser Umzug abgehalten. Als Thema des Umzuges wurde die Internierung der Bourbaki-Armee in der Schweiz vor 150 Jahren ausgewählt. Auch Elgg nahm damals Soldaten auf. In Anlehnung an dieses humanitäre Ereignis der Schweizer Geschichte und das Sinnbild einer nicht mehr organisierten Armee, waren bei diesem grossen Umzug alle eingeladen, sich in historischen Gewändern einzureihen. Die Aschermittwochgesellschaft und andere Dorfvereine statteten die Teilnehmenden ebenfalls mit Uniformen, Gewändern und Kostümen aus dem reichhaltigen Fundus aus. Über 300 Personen, 32 Pferde, fünf Karren und eine Kanone machten bei diesem Grossereignis mit und bereicherten das von der Gemeinde durchgeführte Fest um eine grossartige Attraktion.
Das nun neuste historische Festspiel wurde infolge der schönen Jubiläumszahl 111 Jahre Aschermittwochgesellschaft Elgg auf das Jahr 2025 festgelegt und läuft unter dem Titel «Dorfleben anno…». Die Geschichte der historischen Umzüge und Festspiele der Aschermittwochgesellschaft wird vom 9. bis 11. Mai 2025 um ein weiteres schönes Kapitel erweitert werden.
von Gian Künzle
Chronologie
1371
Elgg erhält das Stadtrecht und kann somit eine eigene Truppe untereigenem Banner und Kommandanten stellen. Alle Jahre finden Dienstmusterungen statt, welche nach und nach zu Volksfesten werden.
1525
Aschermittwochfeierlichkeiten werden erstmals in der Seckelamtsrechnung erwähnt:
«Eschermittwoch uff dem Rat-hus verzert 5 Pfund, 1 Krützer».
1540
Weitere Erwähnung: «Eschermittwuch den Wybern geschenkt 8 Pfund».
1628
Pfarrer Fäsi schreibt ins Pfarrbuch, dass der Umzug «lediger Knaben» in Elgg ein alter Brauch sei.
1914
Gründung der Aschermittwochgesellschaft mit der Aufgabe zur «Erhaltung des Aschermittwochs und der Pflege alles dessen, was mit dem Aschermittwoch und mit der Geschichte des Fleckens im Zusammenhang steht».
1915
Die Militärdirektion des Kantons Zürich will den Knabenumzug verbieten, da das Tragen von Militäreffekten in Kriegsjahren nicht zulässig ist. Die Elgger Bevölkerung hält trotzdem ihren Äschli ab und einigt sich erst in letzter Minute mit der aufmarschierten Polizei.
1920
Einführung der Armbrüstler und erste Durchführung des traditionellen Armbrustschiessens mit einem Wanderpokal als Hauptgewinn.
1944
Die Äschlikanone wird zusammen mit den Kanonieren zum ersten Mal im Äschli eingesetzt. Es handelt sich um einen alten Mörser der Schützengesellschaft Winterthur.
1953
Das Meitlischiessen findet erstmals am Äschli statt. Der preisträchtige Wettstreit mit Luftgewehren wird
heute noch abgehalten.
1951
Gründung des Tambourenvereins Elgg, der fortan die Ausbildung der Äschli-Tambouren und Pfeifer übernimmt.
1971
Mit der Übermittlergruppe entsteht die jüngste Charge in der Äschlikompanie. Die Übermittler haben an den Äschli-Übungen jeweils Gelegenheit, das Telefonieren mit alten Armee-Telefonapparaten zu erlernen.
2007
Fernsehauftritt der Äschli-Kompanie bei der Sendung «SRF bi de Lüt – Heimspiel» in Elgg.
2014
100 Jahre Aschermittwochgesellschaft Elgg: Zur Geburtstagsfeier wurden im Juni historische Sommerfestspiele abgehalten mit einem Mittelaltermarkt im Dorf und einer grossen Ritterarena beim Schulhaus im See.
2021
Der Äschli findet während der weltweiten Corona-Pandemie zum ersten Mal in der Geschichte der Aschermittwochgesellschaft Elgg nicht statt. Dafür organisiert die Gesellschaft änlässlich des 650-Jahre-
Stadtrechtfestes im Herbst einen historischen Umzug im Gedenken an die Internierung der Bourbaki-Armee 1871 in der Schweiz. Alle Teilnehmenden werden aus dem Äschli- und privaten Fundus mit historischen Uniformen ausgestattet. Dem kurzfristigen Aufruf folgen über 300 Umzugsteilnehmer und 29 Pferde.
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